R. entschließt sich, einen ausführlichen offenherzigen Brief an Clemens zu schreiben; ich entsende einige versöhnende Zeilen mit, Kmeister Levi wünscht zu Gunsten Bayreuths einiges aus Siegfried in München aufzuführen. Auch an Dr Jauner schreibt R., anfragend, ob er ihm lästig würde mit seinen Bedenken. – Besuch der Schule, in welcher Fidi nun nächstes Jahr sich tummeln und ducken wird. Abends die Rede Goethe’s auf Wieland – herrlich; ganz besonders fein das Verhältnis oder Mißverhältnis Wieland’s zur Antike und zur Philosophie, dann auch seine »Feder«. – Nach Tisch Betrachtung über das klägliche Enden aller Verhältnisse, »merkt, wie es endet« – R. sagt, das Ächte, wie unsere Liebe und unsere Zusammengehörigkeit, kämpfe sich schließlich durch, auch das Wahre überall, nicht etwa dank der Güte der Menschen, sondern weil das Unwahre auch unfruchtbar ist, einen Keim der Fäulnis in sich trägt – wie gewisse Verbindungen keine Kinder hervorbringen.
Freitag 8ten (8. Oktober 1875)
Cosima Wagner Tagebücher
