Mittwoch 22ten (22. September 1875)

Cosima Wagner Tagebücher

R. unwohl, muß zu Bett bleiben! Scheint eine Erkältung zu sein. Den Tag über viel mit den Kindern (an die Großen geschrieben), abends einsam in meinem grauen Stübchen. Es stürmt heftig; Tag- und Nachtgleiche, es heißt, es sei nicht gut, um diese Zeit auf dem Meere zu sein, ich frage mich, ob Hans nicht unterwegs ist nach Amerika, und bin bang! Marien’s Bild blickt mich an, sie, welche der Freundin gesagt: »Ich hoffe doch, Sie haben Gott nicht um mein Leben gebeten.« Am Tag Bestellungen für in Wien nötige Winterkleidungen! Ich bin sehr ruhig und selbst, glaube ich, heiter, doch mit immer offener, unheilbarer Wunde. Ein Lieblings-Gedenken ist mir jetzt der h. Lucas von Mabuse in Prag – seine Entrücktheit und seine Sammlung die Andacht des Heiligen und die Besonnenheit des Genies, dazu die prächtige Umgebung, welche für einen solchen gar nicht da ist.

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