Dienstag 28ten (28. September 1875)

Cosima Wagner Tagebücher

Immer schwerer wird der Entschluß nach Wien; die Dekoration zum zweiten Akt ist da, ein Buchbinder- und Conditor-Opus! Dazu bietet Herr Jauner Frau Wilt [1] (ihrer monströsen Gestalt wegen bekannt) als Elisabeth: Versuche zur Loslösung von den Herrn Voltz und Batz! Spaziergang mit R. Abends in Parzival gelesen, Freude über den großen Dichter; R. glaubt, daß der Fischer König ein Mißverständnis des Worts pêcheur [2] ist, und daß es der sündige König heißt, also Amfortas. – Wir besuchten heute unseren guten Hauptmann Schenk [3], welcher das Opfer der Willkür seines Oberlieutenants geworden ist. – Neulich sich zu Bett legend rief R. aus: »Wie gut, daß wir nicht auf der See sind« – da fuhr es mir wie ein Dolch durch das Herz, daß Hans wahrscheinlich nun dahinfährt.


[1] Maria Wilt (1834-1891), Sängerin, 1867-77 an der Hofoper Wien; sang die Elisabeth in Wien nicht, vielmehr Frau Ehnn, die nach Meinung der Kritik »in angenehmster Weise« überraschte, vgl. Anm. zu 22. November 1875.
[2] Fischer, und pécheur, Sünder, ein Doppelsinn, auf den RW hier anspielt.
[3] Wilhelm Schenk, Freiherr von Stauffenberg, Flügeladjutant Ludwigs II., 1876 während der Festspiele in Bayreuth.


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