Mittwoch 6ten (6. Oktober 1875)

Cosima Wagner Tagebücher

Unruhige Nacht für R.; Betrachtungen über den König! Mir bringt der Morgen R. ’s Briefe an unsere Freundin A. Frommann, worin auch einer nach dem Eingreifen des Königs in R. ’s Leben – wie wenig das nun stimmen wollte. Möchte nur alles Vergängliche ein Gleichnis sein! – – – Am Nachmittag Spaziergang mit R. Abends unsere Musiker, wir nehmen die »Symphonie fantastique«, vor, der erste Satz, klagend wehmütig, gefällt uns am meisten, R. sagt: Das war Berlioz‘ bester Zug; Scène aux champs erinnert zu sehr an die Pastorale, und das Finale ist steif und widerwärtig, R. sagt: Der 6/8 habe immer etwas Gemessenes, wild könne man nur 2/4 sein, wie im Finale der A dur. Mich frappiert vor allem die Unfähigkeit von Berlioz, seine oft sehr schönen Motive zu entwickeln, was er mit Schubert gemein hat; er weiß nicht, was Beethoven, Bach, R. so tief wissen, was ein Thema enthält, daß es das Samenkorn ist, aus dem die ganze Pflanze sich ergeben muß! – Einiges von Händel vorgenommen. (R. phantasierte heute, ein schönes Thema schrieb er auf.) 

Dieser Inhalt kann nicht kopiert werden. / This content cannot be copied.