Mein werther Freund!

Richard Wagner an Hans Richter, Budapest – Samstag, 20. Februar 1875

Ich schreibe diese Zeilen kurz vor unserer Abreise nach Wien. Daß Sie mir für Wien nicht behilflich sein konnten, mußte ich verschmerzen, obwohl ich nur in der besten Annahme Ihrer Mithilfe daselbst die ganze Concert-Unternehmung entwarf. Jetzt kann und werde ich nicht mehr von der Ausführung zurücktreten, bei welcher mir Herbeck – welchen Sie mir als Ihren Substituten empfahlen – bei meiner Ihnen bekannten Ansicht über die Unfähigkeit desselben, nichts zu helfen haben wird. In Wien gedenke ich bis 6. März zu verweilen: wollen Sie mir bis dahin melden, daß es Ihnen möglich ward, wenigstens für Pest mein Concert in der Weise vorzubereiten, daß ich eben nur – der Einnahme halber – persönlich zu dirigiren und hierfür eine letzte Probe abzuhalten habe, so komme ich von dann ab jedenfalls für den 10. März zu Ihnen, gleichviel, ob Sie meinem Bayreuther Fonds mehr oder weniger zu garantiren haben. Ob ich Ihre freundschaftliche Einladung, bei Ihnen mit meiner Frau und meiner Bedienung abzusteigen, ernstlich annehmen kann, wird doch wohl davon abhängen müssen, daß wir Sie – vermöge des Charakters Ihrer Wohnung – nicht wahrhaftig im Genuß Ihres soeben erst angetretenen häuslichen Eheglückes stören würden. 

Übrigens habe ich Sie – für Ihr Verhältniß zur Intendanz des Theaters – schließlich darauf aufmerksam zu machen, daß Sie im künftigen Sommer keineswegs – wie Sie mir dies als Entschuldigung für Ihre jetzige Urlaubs- Entsagung anführen – einen besonders ausgedehnten Urlaub nöthig haben, da Sie – streng genommen – nur die Orchesterproben vom 1. bis 15. August zu leiten haben, somit nur eines Urlaubes von 14 Tagen bedürfen werden. 

Nun hoffe und wünsche ich, daß ich bald gute Nachrichten von Ihnen bekomme. Auch bitte ich Sie, Ihrer lieben Frau mich herzlichst zu empfehlen, und stets versichert zu sein, daß ich mit andenkenvoller Liebe und Theilnahme Ihnen zugeneigt bleibe als

Ihr herzlich ergebener
Richard Wagner.

Bayreuth 20. Februar 1875.

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