Montag 9ten (9. März 1874)

Cosima Wagner Tagebücher

R. wollte heute wieder nach mehreren Tagen Unterbrechung an die Partitur gehen, da kommt Herr Feustel mit Herrn Riederer (1), und dabei keine Spur von Hülfebereitwilligkeit seitens des letzteren für etwaige Hôtelbauten. 

Nachmittags kommt ganz zufällig de Hotel-Besitzer Albert aus Mannheim, welcher Pläne vorlegt; R. mit ihm zu Feustel, wenig Erfreuliches und Erbauliches davon heimgebracht, Freund Feustel erklärt, daß sich keine Aktiengesellschaft für so etwas hier finden wird, die Stadt sei zu arm. Andererseits kann man aber Fremden nicht zumuten, hieher Kapitalien zu bringen, wenn die Stadt nichts dazu tun will. – 

Trüber Abend; R. hat zwar eine Seite der Partitur ertrotzt, er ist aber von der großen Schwierigkeit seiner Aufgabe völlig niedergedrückt, dazu Richter, der einzige, welcher helfen könnte, Theaterdirektor! „Das ist, wie wenn ich Handelsminister sein wollte“ sagt R. –

Die Annotationen Schopenhauer’s zu den Parerga (1) machen R. viel Vergnügen, unter anderem: „In einer Zeit, wo die Philosophie aus der Apotheke und dem Klinikum kommt“, und „Ich muß unsere europäische Kultur bedauern, welche auf dem Monotheistischen Glauben aufgebaut ist.“

(1) Carl Riederer, Wirt im Schloss Fantasie, in dem die Familie Wagner 1872 eine Etage gemietet hatte.
(2) Arthur Schopenhauer Parerga und Paralipimena: kleine philosophische Schriften, 1851

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