Geehrtester Herr Brahms!

Richard Wagner, Bayreuth an Johannes Brahms, Ziegelhausen bei Heidelberg

Ich ersuche Sie, mein Manuskript der von mir umgearbeiteten zweiten Szene des Tannhäuser. dessen ich zu der Herausgabe einer Neubearbeitung der Partitur bedarf, mir zuzuschicken. Zwar ist mir berichtet worden, daß Sie, vermöge einer Schenkung durch Peter Cornelius an Sie, Eigenthumsansprüche an dieses Manuscript erheben; doch glaube ich dieser Meldung keine Folge geben zu dürfen, da Cornelius, dem ich dieses Manuscript eben nur gelassen, keineswegs geschenkt hatte, unmöglich desselben sich an einen Dritten entäußern konnte, welches nie gethan zu haben er mir auf das theuerste versichert hat.

Vermuthlich ist es meinerseits sehr unnöthig, Sie an dieses Verhältniß zu erinnern, und es wird keinerlei weiterer Auseinandersetzung bedürfen, Sie zu bestimmen, dieses Manuscript, welches Ihnen nur als Curiosität von Werth sein kann, während es meinem Sohn als theures Andenken verbleiben könnte, gern und freundlich mir zurückzustellen.

Mit größter Hochachtung
Ihr ergebenster
Richard Wagner.

Bayreuth, 6. Juni 1875.


Das Manuskript war in nachlässiger Weise von Cornelius behütet worden und an Tausig gelangt, der es seinerseits Brahms schenkte. Frühere Bitten durch dem Meister nahestehende Persönlichkeiten waren bei Brahms erfolglos gewesen.


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