An die Orchester-Mitglieder

Richard Wagner an die Orchestermitglieder

[Januar 1875]

Indem ich Sie hierdurch zur Mitwirkung im Orchester meiner in Bayreuth zu veranstaltenden Bühnenfestspiele einlade, setze ich, als durch vorangehende Vermittlung Ihnen zur Kenntnis gebracht, voraus, daß Sie die Bedingungen kennen, unter welchen die Annahme Ihrer Mitwirkung meinerseits einzig möglich sein kann.

Demnach wissen Sie, daß ich die Bildung eines so außerordentlichen Orchesters, wie ich es bedarf, nur unternehmen konnte, wenn ich auf die vorzüglichsten Kräfte derjenigen deutschen Hoforchester rechnete, welche im Sommer einen größeren Urlaub genießen. Hierbei leitete mich nicht nur die Annahme, bei diesen ausgewähltesten Musikern die kräftigste künstlerisch-moralische Unterstützung zu finden, insofern das vollständige Gelingen des Werkes zu ihrer eigenen Ehrensache gemacht würde; sondern mich bestimmte auch die notwendige Rücksicht auf die ungemeinen ökonomischen Schwierigkeiten meiner Unternehmung zu der Wahl solcher Künstler, welche in einem der gut dotierten Hoforchester auch während des Urlaubes ihren Gehalt fortbeziehen, weil ich dann voraussetzen durfte, es werde sich hier nur noch um die Entschädigung für Reise und Aufenthalt an fremden Orte, nicht aber um einen wirklichen Gehalt handeln dürfen. In dieser Annahme, somit nicht als Bezahlung Ihrer künstlerischen Leistungen, welche ich als gänzlich unvergütet meinem Werke gewidmet betrachte, sondern lediglich als Entschädigung für den vermehrten Aufwand Ihrer Lebensweise betrachtet, biete ich Ihnen aus dem Fonds der Patrone meiner Bühnenfestspiele, aus welchem nicht der mindeste Gewinn für irgend einen der Beteiligten fließen wird, eine monatliche Aufenthaltsentschädigung von 60 Talern, hierzu ein Ihnen freistehendes Wohnungs-Unterkommen in einem bürgerlichen Hause, sowie die Erstattung des Preises eines Fahrbilletes der Eisenbahn II. Klasse für Ihre Her- und Zurückreise.

Wenn diese Bestimmungen für die vollen drei Monate Juni, Juli und August des nächsten Jahres 1876, in welchem die Hauptproben und Aufführungen stattfinden sollen, gelten, so sei hiergegen festgesetzt, daß für die zwei ersten Wochen des Monats August d.Js. 1875, in welchen die nötigen Vorproben bereits abgehalten werden müssen, Ihnen Aufenthalt und Reise zusammen mit ………. Talern vergütet werden soll.

Hiernach erwarte ich Ihr Eintreffen in Bayreuth mit spätestens 1. August d.Js. vormittags, um über Ihre geehrte Mitwirkung bei den vollständigen Orchesterproben bis 15. August verfügen zu können. Den beigefügten Revers ersuche ich Sie bis spätestens 1. Juni d.Js. von Ihnen unterzeichnet, an mich zurücksenden zu wollen, wogegen ich annehme, daß Sie, falls ich an diesem Tage Ihre Unterschrift noch nicht erhalten hätte, Ihre Mitwirkung mir versagen, worauf ich dann anderweitig mich zu ergänzen haben wurde. Zugleich diene dieser Revers dazu, unsererseits im Voraus über das Ihnen zugeteilte Wohnungsunterkommen die in diesem Falle gewünschte Auskunft rechtzeitig Ihnen zu erteilen.

Ich unterlasse bei dieser formellen Einladung die Aussprache über die Bedeutung Ihrer von mir hochgeschätzten Beteiligung an der Ausführung meines Werkes, welche ich am liebsten in herzlichen lauten Worten in der Stunde unserer ersten Vereinigung an Sie zu richten mir vorbehalte. Doch begrüße ich Sie im Voraus in dankbarster Anerkennung Ihrer mich so hochehrenden Bereitwilligkeit, meinem Unternehmen als echte Kunstgenossen förderlich sein zu wollen.

Hochachtungsvollst!

R.W.


Revers.

Ich erkläre hiermit, die Verpflichtung übernommen zu haben, vom 1. Juni bis zum 29. August des nächsten Jahres 1876 gegen die Zusicherung einer Aufenthaltsentschädigung von 60 Talern für jeden der 3 Monate, ferner eines freien Wohnungsunterkommens, sowie der Erstattung der Kosten eines Eisenbahnfahrbilletes II. Klasse von …………. nach Bayreuth und von da zurück nach …………., mich zur Mitwirkung im Orchester als …………. für alle Proben und Aufführungen des Bühnenfestspieles »Der Ring des Nibelungen« pünktlich einzufinden, außerdem auch bereits in gleicher Weise, gegen die Zusicherung einer die Aufenthalts- und Reise-Entschädigung zusammenfassenden Vergütung von …………. Talern, vom 1. bis 15. August d.Js. 1875 zu den vorbereitenden Proben in Bayreuth mich einzustellen.

Name ………….

Genaue Adresse ………….

Herrn Richard Wagner in Bayreuth.

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