Freitag 19ten bis Mittwoch 24ten März (19. – 24. März 1875)

Cosima Wagner Tagebücher

Es gehen die Tage in beständigen Versuchen, unseren Diener, welchen wir samt Frau und Kinder ernähren, uns zu erhalten, einzig die gehörige Schicklichkeit gefordert. 

Sonntags vergißt er sich so gegen R., daß er augenblicklich aus dem Dienst entlassen wird. Eine der traurigsten Erfahrungen der Schlechtigkeit der menschlichen Natur; sieben Menschen haben wir ernährt, beschenkt, hoch besoldet, und ernteten dafür Verhöhnung und Frechheit! – – – 

Maschinist Brandt war da, Konferenz wegen dem Gas. Der König dankt für die vorgeschlagene Aufführung der Fragmente, er sei nicht wohl. R. schreibt an den Vater, um ihm zu danken. – 

Verschiedene freundliche Zusendungen, Aischylos als religiöser Lyriker u. der h. Ulrich Bischof[1]. Inmitten der traurigen Dienstboten-Nöte (wir erfahren Untreue nach allen Seiten hin) kommt die Nachricht vom Tode der Schwester Clara[2]; ich bin gerade mit der Wäsche-Revision dermaßen beschäftigt, daß ich es kaum vernehme, R. auch so beschäftigt, daß er sich der Trauer nicht hingibt. Erst am Abend zu Bett sagt er, wie begabt sie gewesen sei, wie jammervoll ihre Existenz und wie unter allen seinen Verwandten sie ihm die liebste gewesen sei.


[1]Ulrich von Augsburg (923/24-973), Heiliger, Bischof von Augsburg, verteidigte 955 die Stadt gegen die Ungarn, 993 heiliggesprochen; »Geschichte und Kult des heil. Ulrich« von J. Koch erschien 1875.

[2] RWs Schwester Klara Wolfram war am 17. März in Leipzig gestorben.


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