Dienstag 10. Mittwoch 11ten Donnerstag 12. Freitag 13ten Sonnabend 14ten Sonntag 15. Montag 16ten (10.-16. Februar 1874)

Cosima Wagner Tagebücher

Die Woche über nicht in das Tagebuch geschrieben, meine Augen leidend. R. hat viel Not, ein Teil des Klavierarrangements der Götterdämmerung kommt an und ist unspielbar und unverständlich; die Mittelstimmen überfüllen, und das Hauptmotiv geht unter. An seine Partitur kommt R. nicht, was ihn sehr betrübt. „Meine Sache wäre, immer zu produzieren, nun an den ‚Parcival‘ zu gehen, nun werde ich durch Dinge aufgehalten, die andere vorzunehmen hätten.

Ohne Schule, ohne Bühne, ohne einen Menschen, der mit beisteht, bin ich da und muß an dem Geschaffenen Jahre lang noch nagen, um es ordentlich herzustellen.„

Herr Schott schickt die 10 000 Gulden, R. bedenkt die Ouvertüren, Lohengrin’s Fahrt, Tristan, Epilog zu Romeo und Julie, Brünnhild, Wieland der Schmied. Leider hat R. auch Ärger mit de Haus, den ich ihm nicht abnehmen kann, und seine Stimmung wirkt sehr deprimierend auf mich, ich bin wie einer, der vor dem Ausbruch einer Krankheit steht, wie gelähmt, und doch nicht krank. Auch ist mein Augenübel ein Hemmnis R. liebevoll, liest mir immer abends vor; Gibbon; uns erscheint auch die jetzige Zeit wie eine Zeit des Verfalles, wo einzelne große Männer große Taten wirken, die aber keinen rechten Sinn haben. 

R. bejammert es, daß durch die Einführung der Latinität der deutsche Bauer plötzlich so getrennt worden sei von der ganzen Kultur, das sei früher nicht der Fall gewesen. –

Brandt schreibt, daß vor 76 es wohl nicht möglich sie, die Aufführungen zu Stande zu bringen; was wohl reicht gut ist. Wenn nur R. sich nicht aufreibt und erschöpft, die Angst will mein Herz nicht verlassen. –

Neulich machte mir Siegfried zum ersten Mal Kummer – er kam zu seinem Vater, betrachtete die Bibliothek und sagte: „Die gehört einmal mir, wenn ich groß bin, da bist du tot.“ –

Der Bürgermeister rührte neulich R. sehr durch die Art, wie er ihm sagte: “Ein solches Unternehmen müsste Anerkennung finden; denn R. brauchte keine Ruhm und keine Verbreitung seines Namens und seiner Werke usw.“ –

Der Barbier erzählt, im Passau habe man ein Stück aufgeführt, R. Wagner’s Traum, wo alle Gestalten von R. geschaffen ihn bergüßt. –

Bechstein schickt uns einen neuen Flügel, der alte wird versendet und Erard wieder bei bei uns aufgenommen, mit ihm fliegt ein Schwarm von Erinnerungen für mich wieder herein.

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