Donnerstag, 25. Februar.

Auf dem Meer

Der heutige Tag wird mir unvergesslich sein durch mein Debüt in der Seekrankheit auf der „Wakefield“; vorausschicken muss ich, dass die ganze Sache mir sehr interessant ist: ich objectiviere mich nämlich ganz: betrachte die Vorgänge in mir, wie man einer Peripetie im Drama zusieht; frage mich: was hast Du gegessen; was kommt wieder heraus, wieviel verliert sich in andere Schlupfwinkel etc. Ich esse mechanisch alle Mahlzeiten, nur um meinem Magen das Plaisir zu gönnen, auch einmal Wasserspiele zu erzeugen, bei jeder Speise, die ich geniesse, frage ich mich: in welcher Gestalt wirst wohl du ärmstes Opfer meines Magens herauskommen?
Wie beim Gewitter, so ist bei der Seekrankheit nur die vorangehende Schwüle unangenehm, der ich aber entgegentrete durch energisches Stopfen meines Handgelenkes in die hintersten Kammern meines Rachens und durch ein ganz frivoles Kitzeln dahinten. – Das erste Mal tritt die Katastrophe nie ein – das hab‘ ich herausbekommen,  – ich warte – wiederhole meine exquisite Maassregel und nun, über Hals und Kopf nahen die Trümmer einst wohlgeordneter Speisen. – Wieder eine Pause – aber mein Fidi[1] ist schlauer als sein Herr Magen, der sich eine plaisanterie mit ihm erlauben möchte, um ihn dann zu überraschen. 
Ich harre, und siehe – da ist es wieder: da frage ich mich: ist alles draussen: addiere, subtrahiere und dividiere – der Rest ist null; ich bin befriedigt, spüle meinen Mund aus, geh auf’s Deck, thu als sei garnichts passiert und lese in Gobineau. 
Vormittags war ich noch ganz munter; da es sehr windig ist und kalt, das Meer auch unruhiger ist, sitze ich unten im Salon und schreibe mein etwas unanständiges Märchen von der Katze; gegen halb eins erstes Ereignis, nach Lunch zweites; nach dem Abendbrot drittes, so dass der arme Tropf wirklich garnichts im Magen hat. Am Abend trinkt er Champagner und das thut ihm sehr gut; es ist das einzige Mittel. Im Übrigen bin ich vollständig wohl auf und quatsche wie sonst.
In der Früh um 7 Uhr fuhren wir an der öden Felseninsel Calita vorbei; sonst sahen wir nichts vom Lande. – Auf dem Schiff ist’s wie gewöhnlich: das Essen gut und einfach, die Unterhaltung stumpfsinnig, die Lectüre belehrend. Abend spielen wir wieder Karten: ich gewinne. Die Nacht über schliefen wir herrlich.


[1] Kosenamen für Siegfried.

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