Sonnabend, 9. April

Saigon

Um 7 Uhr aufgestanden und fertig gemacht für die Stadt. Der Capitän fuhr zuerst hinein, wir folgten 2 Stunden später. – die Fahrt zur Stadt ist über eine Stunde und nicht besonders schön. Amüsant sind die chinesischen Boote mit Ihrer Tonna aus Bambus als Dach u. darauf befestigt an einem Ende in Form von Ofenschirmen, an beiden Enden der Tonne 2 gestreift bemalte Segel, die aufgeklappt u. hinten von einem auf dem Bambusdach stehenden Manne in die Höhe gehalten werden, um den Wind darin zu fangen. – 
Am Kiel jedes Schiffes sind 2 grosse längliche schwarz- u. weisse Augen gemalt. – Segel hängen meist zerrissen herunter und wenn nun so eine Schaar von 20 Chinesen, alle fast nackt in einem engen Kreise zusammengekauert, so den Fluss hinunterfahren, giebt das einen höchst reizvollen Anblick. Es erstaunte mich zu sehen, wie die Chinesinnen mit grosser Energie rudern oder das Steuer lenken; überhaupt sieht man hier viel mehr Frauen, als in Singapore; es giebt manche hübsche unter ihnen und allen ist eine vornehme Haltung, ein feiner Gang, wobei die Schultern sich hübsch mitbewegen, zu eigen. Auf ihren Schiffen führen sie ihren ganzen Haushalt, kochen und essen, waschen und verkaufen, und die Kinder sitzen am Boden, spielen mit einem alten Kamm oder essen Reis mit ihren 2 Stöckchen; essen müssen sie immer etwas, diese Chinesen, wenn es auch nur wenig ist; darin gleichen sie fürwahr den Hühnern, die ja nie eine Minute pausieren können, ohne so blöd im Boden herumzuhacken.

Je mehr wir uns der Stadt näherten, merkten wir, dass es etwas nüchtern wurde; wir landeten, zahlten 1 Dollar und wendeten uns der Stadt zu. 
Alles ist neu und sauber gebaut, schön in Quadraten und ja kein Schmutz, Alleen von Bäumen in jeder Strasse, viele Cafés, Savonneries, Parfumeries, Bazars Parisiens und das alte ewig monotone französische Zeug mit den üblichen schlechten Romanen und ekelhaften alten Cocotten. 

Dabei war es tüchtig heiss, wärmer denn in Singapore [96° im Schatten]; wir lunchten in einem Restaurant, wo wir den Capitän trafen, bekamen nicht besonderes Essen und theurer als im vorigen Ort. – Dann bummelten wir, wurden aber müde u. kopfweherich u. setzten uns in ein Café, wo wir den Gil Blas[1] lasen.

Gegen 4 Uhr nahmen wir einen Wagen u. fuhren hinaus, längs einem anderen arme des Flusses, wo es allerdings sehr schön u. üppig war. Die Häuser sind auch viel origineller u. hübscher als in Singapore. Doch als wir uns vom Fluss abwendend mehr dem Inneren zufuhren, wurde es wieder öder u. steriler und wir fuhren gern in die Stadt zurück. In der Umgegend gibt es garnichts zu sehen, ausser Phuompeuk u. Angoor, doch dazu gebraucht man 10 Tage. 

Aus Ennui gingen wir nochmals ins Café, dann fuhren wir zum Schiff zurück, wo wir den Abend u. die Nacht blieben u. mit den Mates u. Engineers Karten spielten. Als der Capitän meldete, dass das Schiff hier 10 Tage bleiben muss, bekam ich zuerst einen Höllenschrecken; denn der Stumpfsinn dieses Ortes ist unerträglich; dann kam ich auf den Gedanken, u. Clement stimmte bei, dass wir ein anderes Schiff nehmen u. gleich nach Hongkong fahren, um dort für Canton u. Macao gute Zeit zu haben. So werden wir es auch machen. Montag soll ein Schiff abgehen.


[1] Französiche Zeitschrift.

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