Sonntag, 10. April

Saigon

die Verlockungen sehr gering. Man wird durch dieses Clima so schlaff u. blöde, dass man den ganzen Tag herumsitzt und liegt, unfähig zu lesen oder zu schreiben. Da kann man sich wirklich nicht wundern über den chinesischen Stillstand, wenn bei einem selbst nach wenigen Tagen alles stillsteht.

Erst nach 6 Uhr machten wir 2 uns auf und fuhren nach der Stadt. Die Sonne ging schön unter über dieser dunstigen, fiebrigen Athmosphäre und die Hunderte verschiedener chinesischer Boote nahmen sich phantastisch aus. Es giebt immer, selbst hier, etwas zu sehen, was uns interessiert, anregt, erfreut.  –

In der Stadt angelangt gingen wir zu A. Lee, um von ihm zu erfahren, wo u. wann das Schiff morgen abgeht. Es heisst „Benalder“ und der Capitän Mac Jntosch. Wir hätten den letzteren gern gesprochen u. suchten daher nach ihm in den verschiedenen Restaurants. Usere Hoffnung, Saigon wenigstens abends belebt u. vielleicht amüsent zu sehen, wurde vollständig vernichtet, als wir in die Hauptstrasse kamen und nur hie u. da ein Café erleuchtet sahen. Mein Hass gegen Saigon war nun auf dem Gipfel und wir machten, dass wir wieder heimfuhren, nachdem wir Eiscafße gerunken hatten. –

Unsere Heimfahrt war unglaublich, halb Lachen, halb Schimpfen; wir wollten nämlich, dass unser Bootsmann zuerst zu „Banalder“ führe, da wir den Capitän nicht getroffen hatten. Wir sagten es ihm, – keine Antwort – wir wiederholten es – da fing er an zu lachen, dieser Chinese, und quatschte mit seiner Frau, die hinten ruderte u. lenkte, während das Kind uns blöd ansah. Und so quatschte er immer weiter – bis wir wüthend auffuhren und „Benalder“, ship Hongkong etc. schrien – da, im Momente höchster Erregung, fängt er an zu singen, u. zwar mit so namenloser Stimme, hoch u. schrill beginnend und in der gewöhnlichen orientalischen Cadenz fallend, um dann auf dem letzten Tone länger zu verfallend, um dann auf dem letzten Tone länger zu verweilen, wobei er offenbar den glockenartigen Ausklang der Gongs nachahmte.

Er war wirklich ein Orpheus, denn in einer Secunde war unsere Wuth geschwunden u. wir mussten uns anhalten, um nicht zu lachen, wie er so anhub, während das kleine Nachspiel seines indes uns wohlgefiel und sich schön fügte in die allgemeine Stimmung des mondbeleuchteten Flusses. So mussten wir es denn aufgeben, zur „Benalder“ zu fahren und waren froh, dass er uns wenigstens zur „Wakefield“ brachte, nachdem wir an einem deutschen Schiff verbeblich angefragt hatten. – Im Hafen liegen mehrere deutsche Schiffe, ein französischen heisst „Hebe“. Wo weilte mein Sinn, als ich das las? – Auf der „Wakefield“ angelangt, legten wir uns bald zu Bett.

Dieser Inhalt kann nicht kopiert werden.