Sonntag, 6. März.

Rothes Meer

Ich ziehe meine weissen Pyjamas an und finde mich entzückend, dazu die rothen Pantoffel, graue Strümpfe aus Mailand, eine Knall-Cravatte und frisch rasiert. – Diesen Effect muss ich in Bayreuth wiederholen. –

Die Hitze ist unglaublich (84 Celsius[1] im Schatten 104 in d. Sonne) – einfach himmlisch, und das Meer wie ein Spiegel. – Kein Land heute, wie gestern. – Vormittags: „Beethoven“ – Bad – und an meinem Stück gearbeitet. – Nach dem Lunch daran weiter bis zum Thee.

Abends wieder wie gestern. Nur gestaunt und mich glücklich gefühlt. – Was mir auffällt, ist, daß das Blau des Himmels sehr schwach, wie weisslich ist, daher garnicht an den italienischen Himmel erinnert.
Im Meere hüpfen viele fliegende Fische umher, ausserdem „Porpoise[2]’s“ (weiß nicht ihren deutschen Namen). – Heute glückliches Karten-Entgehen! dadurch dass ich mich nicht von meinem Stuhle rege, auf dem ich in meiner weissen Pracht ausgestreckt bin. – Lange Unschlüssigkeit, in’s Bett zu gehen: Herr Gott, die Gluth in der Cabine, ich präpariere mir ein Orangeat, was aber danach ausfällt – trüb – lau – und ohne Zucker, – endlich – durch allgemeine Schlappigkeit veranlasst – steigen wir ins Bett – das war ein Herum-Gedreh – Gepust – Geschimpf – Gequatsch – Fenster-Aufreissen. – Nein bitte zu, ich mag keinen Rheumatismus – Gieb mir bischen Zweiback – O shut up. – Alte Schlafhaube – Keine Antwort – ich stoss unter mich – aber Clement schweigt unerbittlich – Da raff ich mich auf und erzähle eine verrückte Geschichte – ich höre sein Lachen – dann wieder Gepust – Herr Gott, die Hitze – endlich Ruhe und ein schwerer traumreicher Schlaf überfällt uns: ich träume von Frau Mutzenbecher[3] und Gräfin Schlippenbach[4]. Eigenthümliches Zusammentreffen.


[1] Gemeint ist wohl Fahrenheit.
[2] Braunfisch – (phocoena communis) eine Art Delphin.
[3] Frau von Mutzenbecher, Freundin Hans von Bülow’s.
[4] Treuer Festspielgast.

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