Freitag 11ten (11. Juni 1875)

Cosima Wagner Tagebücher

R. macht sich auf zu Wölffel, um endlich in der Gasthofsfrage sich Klarheit zu gewinnen. Er gewinnt sie auch, nämlich, daß alles teurer kommen wird, als man zuerst dachte. – 

Nachmittags Examinierung der beiden Mädchen in der Arithmetik, wobei R. die Bemerkung über das Dezimal-System [macht], daß es eigentlich sehr mit der Linie gezogen sei, während das Duodezimal-System viel natürlicher wäre; die sechs Tage der Woche, ein Tag dazu, die zwölf Mondgänge, das sei volkstümlich und viel beweglicher; für die Banquiers sei das Dezimal-System bequemer. 

R. auf dem Theater; ich schreibe viele Briefe und unterrichte die Kinder. R. zum Theater hinaufgegangen, kehrt nicht sehr erfreut heim; Gasthofbesprechung, bis auf 400000 Gulden käme möbliert ein Gasthof für 600 Personen! … – 

Abends Herr Unger, welcher Mut zu fassen scheint, und Herr Rubinstein, mit welchem R. die Fis dur [1] Sonate und die F moll [2] von Beethoven vornimmt. Gespräch über die Berlioz’schen Werke; über das Gewandhaus in Leipzig, wo R. als Knabe sich einschmuggelte, seinen Onkel dort traf, dieser von Beethoven: Man meint, man faßt ihn, und er entschlüpft immer; R.: Es sei ihm, als habe er ähnliches nirgends nie gehört.


[1] op. 78.

[2] op. 57, Appassionata.


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