Freitag 23ten (23. April 1875)

Cosima Wagner Tagebücher

Hauptprobe; R. aber nicht wohl; wir fahren mit Frau Wesendonck hin. Viele Freunde; und große Ergriffenheit (Pr. Helmholtz unter beständigen Tränen die göttlichen Dinge angehört). Ich nam[en]los erschüttert, der ganze Schluß eigentlich die Paraphrase der nicht komponierten Worte [1]: »Nicht Goldesglanz etc., selig in Leid und Lust läßt Liebe nur sein.« – – Die gesamte Götter-Welt, die Naturmächte, die Heroen alle dienen gleichsam einzig dazu, das edelste Weib zu verherrlichen! … [2] Beim Abschluß der Probe sagt mir R.: »Der Wecker naht, da muß ich an dich immer denken, du hast alles wiedererweckt in mir, Liebe, Schaffen, alles -.« – – 

Er sehnt sich nach den Kindern zurück. Zu Hause gespeist, ich einige Besuche gemacht, abends Soirée im Hausministerium zu Ehren von Frau Materna. (R. entschließt sich für Schroetter als Siegfried.)


[1] Cosima bezieht sich hier auf den endgültigen, rein instumentalen Schluss der Götterdämmerung (in den sechs vorherigen Fassungen hatte Brünnhilde den Schlußgesang).

[2] Am Rande der Vermerk: »Die Siegessäule!!«


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