Um 9.30 fort, R. empfängt mich auf dem Bahnhof, sieht zum Glück sehr wohl aus, sagt aber, wenn ich fort ginge, würde er krank. Sascha Ritter gesehen und gesprochen, sein Sohn kommt zu uns. Die Töchter von Claire Wolfram kommen auch.
Abends in das Theater gegangen: »Genoveva« von Schumann[1]. Völliges Erschrecken über die Gemeinheit und Roheit dieses Werkes; R. entsinnt sich, Schumann den Ratschlag gegeben zu haben, doch wenigstens die Bilder vor dem Empfang des Briefes den Siegfried sehen zu lassen, was aber Schumann nicht wollte, um den Akt »effektvoller zu schließen«. – – Die Musik voller Meyerbeeriaden, Marschner (in schlechten Momenten), ja Reißiger[2]. Der Anfang der Ouvertüre stimmt gut – gleich aber das Allegro-Thema zerstört die Stimmung. Entsetzlich! Und dazu das Publikum, welches einzig die Gemeinheit da anzieht, befriedigt, dieselbe in einem »klassischen« Werk zu finden! »Wenn so ein Zwickauer anfängt, gemein zu werden«[3], sagt R. Aber mit niemandem kann man hierüber sprechen! – Dazu die ungeschickte Behandlung des Orchesters, welche tödlich ermüdend wirkt. (An Loldi telegraphiert.)
[1] Oper nach Tieck und Hebbel, op. 81, 1850, von Robert Schumann.
[2] Heinrich August Marschner (1795 – 1861), dt. Komponist, Carl Gottlieb Reißiger (1798 – 1859), dt. Komponist.
[3] Robert Schumann wurde 1810 in Zwickau geboren.